Der Begriff der Grenze rückt seit einiger Zeit stark in den öffentlichen Fokus. Auch Kulturschaffende und Politiker*innen bedienen sich der Logik von Grenzdenken als Analysekategorie und Entscheidungsrahmen. Das Thema Grenze beschäftigt nicht zuletzt die Kultur-, Sozial-und Literaturwissenschaften. Für den Kulturkongress 2018 ist Grenze nicht als Kategorie zu verstehen, die territoriale Grenzen im traditionellen Sinn meint oder gar darauf abzielt neue zu ziehen. Das Verständnis einer Grenze wird verlagert auf ein zumeist symbolisches Verständnis von Grenze als kultureller Ordnungsgröße. Grenzen etablieren sich in der sozialen Praxis und in diskursiven Konstruktionen. Es sind die Grenzen in den Köpfen, die Grenzen des Verständnisses, der Empathie und Moral, die im aktuellen Geschehen des gesellschaftlichen Austauschs zu verhärten scheinen. Es geht dem Landeskulturverband auch explizit nicht um Obergrenzen und Nationalitäten.
Die Grenze beschreibt dennoch auch den Ereignisort kulturellen Austauschs, zeigt die Gründe für Vielfalt von Identitäten, ist Schauplatz der Verhandlung von Werten und bestimmt unser Handeln, wenn wir Neues entdecken oder mit Fremdem zusammenkommen. Die Grenze ist somit auch der Ort der Begegnung –ganz wörtlich und vielmehr noch im gedanklichen Sinn. All diese ‚bordering practices‘ bestimmen in großem Maße, welche Entscheidungen wir individuell und gesellschaftlich treffen.
Diese Entscheidungen selbst möchte der Landeskulturverband in den Fokus nehmen, um die sich an ihren Grenzen direkt gegenüberstehenden Standpunkte und die daraus entstehenden Herausforderungen und Probleme klar erkennbar werden zu lassen. Denn der einzige unparteiische Ort zwischen zwei Meinungen ist ihre Mitte –im Idealfall ihre Schnittmenge, durch die eine Grenze verläuft, mit der alle leben können.
Es ist Zeit, eben diese Grenzen genauer kennen zu lernen. Dazu möchten wir Sie beim Kulturkongress des Landeskulturverbands Schleswig-Holstein am 14. 12. 2018 herzlich begrüßen.
Der KulturKongress findet mit freundlicher Unterstützung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (ECHY 2018), der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein und der Stiftung Spar- und Leih-Kasse in Rendsburg statt.
Programm
9.00 Uhr Ankunft
9.45 Uhr Begrüßung und Einführung in das Thema
Guido Froese – Nordkolleg Rendsburg
Dr. Kilian Lembke – Landeskulturverband Schleswig-Holstein e. V.
10.00 Uhr Kultur & Grenzen I: Vortrag und Diskussion
Abgrenzungslinien oder Aushandlungszonen? Grenzkonzepte aus kulturwissenschaftlicher Sicht
Dr. Doris Bachmann-Medick – Universität Gießen
11.00 Uhr Kaffeegespräch
11.30 Uhr Kultur & Grenzen II: Vortrag und Diskussion
Die Grenze als Ordnungsversuch. Bevölkerungsverschiebungen und Migration am Beginn des Zweiten Weltkriegs
Prof. Dr. Claudia Weber – Universität Viadrina Frankfurt/Oder
12.30 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Kultur & Grenzen III: Grenzen kulturpolitischen Handelns
„Minderheit ist, wer will” – Überlegungen zur Identifikation und Identität bei den nationalen Minderheiten in der deutsch-dänischen Grenzregion
Prof. Dr. Jørgen Kühl – Europa-Universität Flensburg
Lassen sich kulturpolitische Grenzen verschieben?Optionen und Instrumente von Kulturverwaltungen
Dr. Tobias Knoblich – Kulturdirektor Stadt Erfurt
15.00 Uhr Kaffeegespräch
15.30 Uhr Kultur & Grenzen IV: Podiums- und Plenumsdiskussion
Kulturpolitik: Dr. Michael Flohr, netzwerk n e.V.
Digitalität: Christian Möller, Fachhochschule Kiel
Grenzregion: Andreas Ott, Kulturaftale Sønderjylland-Schleswig
Kunst: Anders Petersen, BBK Schleswig-Holstein
Wissenschaft: Prof. Dr. Claudia Weber, Universität Viadrina
Moderation: Peter Grabowski – der kulturpolitische reporter
17.00 Uhr Ausklang bei einem kleinen Imbiss
17.30 Uhr Öffentliche Mitgliederversammlung
des Landeskulturverbandes Schleswig-Holstein e.V.